/
Von der Reproduktion zur Produktion Das MaSo-Carpet-Projekt ist nicht nur Revision einer
Jahrtausende alten Kulturtechnik, sondern entwickelt zugleich eine völlig neue Philosophie des Teppichknüpfens.
-
Traditionelles Arbeiten bei der Herstellung eines handgeknüpften Teppichs.
-
Der Teppichfabrikant und Gründer von Organic Weave Bholanath Baranwal.
-
Tim Otto Roth vor einem klassischen Muster für einen handgeknüpften Teppich.
-
Bholanath Baranwal und Tim Otto Roth diskutieren den MaSo-Carpet.
-
Tim Otto Roth diskutiert im Weberdorf mit den Knüpfern das Vorgehen.
Die Erstellung von Mustern hat sich beim Jahrtausende alten Handwerk des Teppichknüpfens seit Anbeginn vom
Prinzip her kaum verändert. Nicht nur die Farben und Formen, sondern auch die Materialien der Teppiche haben
sich immer wieder geändert. Für die Generierung der Muster wird jedoch in traditionellen wie modernen
Teppichen auf Mustervorlagen zugegriffen. Völlig neue Wege, Muster zu kreieren, beschreitet der
Konzeptkünstler Tim Otto Roth mit seinen MaSo-Carpets, indem er die Logik des zeilenweisen Aufbaus
eines Teppichs für ein generatives Prinzip fruchtbar macht. Erstmals entsteht das Muster des Teppichs
erst aus dem Prozess des Knüpfens heraus. Die Knüpfer erhalten dabei eine einfache Regel, die ihnen
vorgibt wie aus den vorigen Farben der Nachbarknoten die Farbe der Knoten in der folgenden Reihe
ausgewählt wird. So entstehen faszinierende Muster, die man sich nur anhand der Regel nicht vorstellen
kann. So sind die Knüpfer erstaunt, wie sich nach und nach ein Muster generiert, das selbst Teppichexperten in Staunen versetzen.
Zusammenspiel von Wissenschaft und Kunst Tim Otto Roth entwickelt mit seinen MaSo Knüpfwerken
faszinierende Teppichmuster jenseits des klassischen Designs.
-
Diese beiden Knüpfwerke (30x45 cm) zeigen, dass selbst mit der selben Ausgangsbedingung das resultiernde Muster radikal sich verändern kann,
wenn die Zahl der Kettfäden lediglich geringfügig variiert.
-
Die kleinsten Knüpfwerke der Edition (20 x 20 cm) lassen bereits deutlich werden, dass die Farbe der Ränder
einen zentralen Einfluß auf die Musterentwicklung haben.
Im neuen Jahrtausend haben Designer auf verschiedene Art und Weise versucht, dem handgeknüpften
Teppich wieder zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Alte Muster wurden mit zeitgenössischen Form-
und Farbspielen kombiniert, photographische Vorlagen in Wolle und Seide geknüpft, neue Fasertexturen
erprobt. Trotz der Aktualisierungen blieb das Herangehen traditionell und einer klassischen
Arbeitsteilung verhaftet. Eine Revision bedeutet hingegen das MaSo-Carpet-Projekt, das nicht nur
auf neue Art und Weise Muster generiert, sondern dabei die Knüpfer partizipatorisch in den generativen Akt mit einbindet.
Selbstorganisation In der Verwendung von lediglich zwei Farben sind die Teppiche des Konzeptkünstlers minimalistische
Kunstwerke. Zugleich beruht das zugrunde liegende Konzept auf einem wissenschaftlichen Modell der
Selbstorganisation: Die sogenannten zellulären Automaten versuchen zu beschreiben, wie in einem
Netzwerk bestehend aus gleichen diskreten Einheiten komplexe makroskopische Musterbildungen entstehen
können, obgleich jedes Mitglied lediglich ein und derselben vorab festgelegten Nachbarschaftsregel
folgt. Ein einfaches Modell ist aus dem Fußballstadion bekannt: Bei der La-Ola-Welle reagiert der
Einzelne auf seinen rechten Nachbarn. Steht dieser im vorigen Schritt auf und wirft die Hände nach
oben, so folge ich seinem Vorbild im nächsten Schritt. Es ist unglaublich, dass aus derart einfachen
Regeln faszinierende Muster entstehen können.
It's simple but complex Nicht nur den zeilenweisen Aufbau haben die MaSo-Carpets
mit einem Computerbildschirm gemein. Auch der Prozess des Knüpfens wird von einem Algorithmus
bestimmt, das der Funktionsweise eines Computers gleicht. So revolutioniert mit dem ersten
computing carpet ein einfacher Knotenalgorithmus ein traditionsreiches Handwerk.
-
Mit dem Spiel Vier gewinnt hat Tim Otto Roth die Knüpfer im Rahmen
eines Workshops in die neue Philosophie des Teppichknüpfens eingeweiht..
-
Zeile für Zeile baut sich das Muster langsam auf. Dabei wrid gründlich geprüft, ob die Knüpfer die Regel verstanden haben.
-
Ein Knüpfer wirft einen Blick auf den entstehenden Teppich.
-
Tim Otto Roth diskutiert im Weberdorf mit den Knüpfern das Vorgehen.
Den Knüpfern in einer Teppichwerkstatt bei der Arbeit zuzusehen, ist meditativ. Ähnlich wie
sich am Computerbildschirm das Bild Zeile für Zeile aus Pixeln aufbaut, so entsteht hier entlang
den horizontal hängenden Kettfäden Reihe für Reihe aus den einzelnen Knoten ein Muster. Es
bedarf einiger Zentimeter bis sich dieses langsam zu erkennen gibt. Diesem Prozess des langsamen
Erscheinen eines Musters verleiht Tim Otto Roth eine magische Komponente: Alleine aus der Kenntnis
der angewandten Regel kann das entstehende Muster nicht vorhergesagt werden. Hier trifft Einfachheit
auf Komplexität. Umso erstaunlicher ist es, dass das im Entstehungsprozess des Teppichs angelegtes
Modell – aus der gerade geknüpften Zeile wird die folgende generiert – bislang nicht eingesetzt
wurde. Eine kulturhistorische Frage, die das Projekt mit zu ergründen versucht.
Digital Ein Teppich nimmt in seiner Struktur den Digitalcomputer vorweg: Er besteht aus räumlich diskreten
Elementen, den Knoten, die diskrete Werte – sprich Farben – annehmen. Die MaSo-Carpets arbeiten mit
einer binären Farblogik: Gleich den Nullen und Einsen werden zwei verschiedene Farben verwendet.
Auch der Aufbau eines Teppichs ist digital und findet in diskreten Schritten statt: Erst wenn alle
Knoten einer Zeile geknüpft sind, können die Schussfäden gewebt werden, um darauf die nächsten
Zeile zu knüpfen. Tim Otto Roth legt jeweils zu Beginn der Arbeit die Farbgebung der ersten Zeile
als auch die Regel fest, wie die benachbarten Knoten die Farbgebung der folgenden Zeile bedingen.
Diese Vorgehensweise, parallel Informationen zu verarbeiten ist hochaktuell: So arbeiten moderne
Quantencomputer nach dem selben parallel prozessierenden Prinzip, das sich grundlegend von
klassischen Rechnerarchitekturen unterscheidet.
Rechnet der Computer fehlerfrei, so ist der Prozess dieser neuen Art der Teppichproduktion von
der Konzentration der Knüpfer abhängig: Ein falsch berechneter Knoten wirkt sich zwangsläufig
auf alle folgenden Knoten aus. Das verändert das Muster, beeinträchtigt aber das faszinierende
Aussehen des Teppichs nicht. Die Arbeit mit menschlichen und damit implizit fehlbaren Akteuren
macht vielmehr die Einmaligkeit dieser 'computing carpets' aus.
Mathematischer Sozialismus Dass Gleichschaltung aus der Perspektive der Mathematik betrachtet,
keine Eintönigkeit bedeutet, sondern ein höchst komplexes Gefüge zur Folge haben können, zeigen die MaSo-Knüpfwerke.
-
Zur Ausstellung Circulating Sounds - Deep Doppler meets Mathematical Socialism zeigte Tim Otto Roth im Herbst 2017 die
beiden Klangskulpturen aura calculata und Deep doppler. Im Hintergrund ist zu sehen: eine Projektion und eine Wandarbeit,
die die Entwicklung von aura calculata als ornamentales Band zeigt.
-
Die Aktivität der Lautsprecher bei der Klangsskulptur aura calculata
wird nach dem selben Prinzip gesteuert, wie das Entwicklungsprinzip der MaSo Knüpfwerke.
-
Eröffnung der Soloausstellung im Goethe-Institut in Hanoi,
bei der Leiter Wilfried Eckstein mit Tim Otto Roth das Konzept des Mathematischen Sozialismus diskutierte. Credit: Goethe Institut Hanoi
Die beeindruckenden Teppich-Kunstwerke führen vor Augen, dass auf der Basis der vorgegebenen Nachbarschaftsregel
ein Muster mit wiederkehrenden, aber nicht zwangsläufig identischen Elementen entsteht. Dieses verweist zugleich auf
den Titel des Projektes. Hinter dem Akronym verbirgt sich die Bezeichnung "Mathematischer Sozialismus". Diesen
Begriff hat Tim Otto Roth erstmals für eine Ausstellung am Goethe Institut in Hanoi 2017 verwandt, um kritisch
auf den staatlich verordneten Sozialismus und die Zensur künstlerischer Produktion zu reagieren. Der Name verweist
darauf, dass in einem System aus diskreten Einheiten, die alle die gleichen Voraussetzungen haben und nach den
gleichen Regeln agieren, weder ein uniformes Muster noch Chaos entstehen muss. In den engen Grenzen des
vorgegebenen Verhaltens entwickelt sich trotz der Gleichschaltung eine unerwartete Vielfalt.
Einen Rückblick auf die Ausstellung in Hanoi und eine Erläuterung zum Begriff des Mathematischen Sozialismus
finden Sie in einem Interview, das Robert Barry aus Anlaß der Ausstellung in Hanoi mit Tim Otto Roth geführt hat:
11 November 2017, Mathematical Socialism: Tim Otto Roth Lights Up Hanoi
The Quietus
Knüpfwerk als Kunstwerk Teppichhändler präsentieren ihre Teppiche gerne an der Wand. Zuhause
sind sie hingegen als Bodenbeläge im Einsatz, die einem Raum sein Aussehen geben und zu einem guten Raumklima
beitragen. Bei den MaSo-Knüpfwerken ist das anders. Diese Teppiche sind einmalige und einzigartige Kunstwerke für die Wand.
-
Studiopräsentation der ersten MaSo Kollektion im Herbst 2019. Image: Pauline Fabry.
-
Der MaSo Knüpfwerk #1 in der Ausstellung Logische Phantasien in der Kunsthalle Jesuitenkirche Aschaffenburg.
-
Detail von der Rückseite des MaSo Knüpfwerk #1.
-
Detail von MaSo Knüpfwerk #2, der aus roter Wolle und weißer Baumwolle geknüpft wurde.
-
Der Künstler Tim Otto Roth vor zwei Knüpfwerken in blau und orange (70 x 200cm). Image: Pauline Fabry
-
Zwei Maso Knüpfwerke in der Ausstellung das erste mal ZUM ZWEITEN MAL. 20 Jahre Ausstellungshalle
im Kunstverein Marburg.
-
Detail eines Knüpfwerks aus blauer Wolle und oranger Baumwolle.
-
Präsentation eines MaSo Knüpfwerks während der Tagung Solstice 2019 am Max-Planck-Institut für Physik
komplexer Systeme in Dresden.
-
Das Quartett aus vier MaSo Knüpfwerken (30 x 45cm) zeigt die Komplexität des MaSo Prinzips:
Die nebeneinander hängenden Knüpfwerke unterscheiden sich lediglich in der Randbedingung (rot oder weiß).
Die Knüpfwerke in der oberen Reihe haben zwei Knoten mehr in der Startbedignung.
-
Die jüngst eingetroffenen MaSo Knüpfwerke N°53 & 54 sind nahezu fehlerfrei gearbeitet. Sie bestehen aus blauer Wolle und orangener Baumwolle und sind je 100*75 cm groß.
Jeder kennt es, wenn das Auge Mustern folgt und geometrische Beziehungen durch Drehungen
und Spiegelungen mitdenkt. Die MaSo-Knüpfwerke inspirieren den Betrachter auf gänzlich neue Art
und Weise: So kann man Zeile für Zeile, das Wechselspiegel der Knoten verfolgen und sich
überraschen lassen, wie aus einem vermeintlichen Chaos wieder eine geometrische Figur
entsteht.
Lange Zeit war der Teppich ein Gebrauchsgegenstand. Seit die Nomaden ihn für ihre Zelte
entwickelt haben, steht er für Geborgenheit und Gemütlichkeit. Zwar kann auch ein
MaSo-Knüpfwerk auf den Boden gelegt werden, aber diese besonderen Teppiche sind für
die Hängung an der Wand prädestiniert. In dieser Präsentationsform spiegelt sich
die Vertikalität des Herstellungsprozesses: In der Knüpferei entwickelt sich Zeile
für Zeile von unten nach oben das Muster. Die MaSo-Carpets sind einmalige Kunstwerke,
da für jeden Teppich vom Künstler selbst die Knüpf- und die Ausgangsbedingung
festgelegt wird. In wochenlanger Handarbeit hergestellt, sind alle Teppiche Unikate.
Selbst wenn sich ab und an im Arbeitsprozess ein kleiner Fehler eingeschlichen haben
soll – diese unterstreichen die Einmaligkeit eines MaSo-Carpets und zeigen, dass
selbst in einem System, bei dem alle Einheiten der selben Regel folgen, doch ab und
an eine Einheit aus der Reihe tanzen kann.
Ein besonderer Dank gilt der Stadt Aschaffenburg und deren Museen: Diese ermöglichten die
Produktion des allerersten MaSo-Knüpfwerks im Winter 2018/2019. Das vier Quadratmeter
große Knüpfwerk wird - mit einer coronabedingten Unterbrechung - vom 7. März bis 16. August 2020
in der Ausstellung Logische Phantasien in der
Kunsthalle Jesuitenkirche erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Zur Ausstellung ist ein Katalog im Kehrer Verlag erschienen.
Eine weitere Präsentation zweier Knüpfwerke findet im Rahmen der Ausstellung das erste mal ZUM ZWEITEN MAL. 20 Jahre Ausstellungshalle
im Kunstverein Marburg statt.
Diese Ausstellung ist coronabedingt vom 5.5. bis 25.6.2020 zu erleben.
Partizipation Die Arbeit mit den Knüpfern in Nordindien ist nicht nur ein soziales Experiment, sondern beinhaltet für Tim Otto Roth zugleich eine soziale Verpflichtung.
-
Handverlesene Wolle trägt zur unverwechselbaren Qualität der MaSo-Knüpfwerke bei.
Eine Spinnerin in Bholanath Baranwals Teppichmanufaktur.
-
Neue Wolle für die nächste Generation der MaSo Knüpfwerke.
-
Bholanath Baranwal und Tim Otto Roth diskutieren den MaSo-Carpet.
-
Tim Otto Roth bespricht im Weberdorf mit den Knüpfern das Vorgehen.
-
Der Teppich wird nach dem Schneiden gewaschen.
-
Zum Trocknen wird der Teppich gespannt.
-
Das Ordnen der Knoten dient zugleich noch einmal dazu, die Struktur des Musters besonders hervorzuheben.
Das MaSo-Carpet-Projekt ist ein soziales Experiment. Arbeiter, die jahrzehntelang nur Muster reproduziert haben,
werden nun dazu aufgefordert, selbst zu entscheiden, welche Farbe im nächsten Schritt geknüpft wird. Es gilt,
Denkbarrieren zu überwinden und Selbstvertrauen zu entwickeln. In einer Gesellschaft wie der indischen, die
nach wie vor vom Kastenwesen geprägt ist und in der klare Hierarchien bestehen, kommt diese Arbeitsweise
einer kleinen Revolution gleich. Tim Otto Roth und sein Team verstehen das Projekt aus diesem Grund auch
als soziale Verpflichtung, bei der die Knüpfer auf Augenhöhe partizipitativ eingebunden werden.
Regelmäßig weilt der Künstler zum Erfahrungsaustausch und Workshops in Indien.
Das von Bholanat Baranwal gegründete Label ‚Organic Weave' verwendet nicht nur umweltfreundlich
produzierte Materialien, sondern hat sich auch verpflichtet, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Regelmäßige externe Kontrollen garantieren die Einhaltung der selbstgesetzten Regeln.
Teamwork Die deutsch-indische Produktionsgemeinschaft vereint langjährige Expertise, Kreativität und ein ökologisches Bewusstsein. Der Künstler Tim Otto Roth, der Teppichfabrikant Bholanath Baranwal und sein Team, sowie die Knüpfer in einem kleinen Weberdorf in der Nähe von Varanasi sind echte Teamplayer.
-
Die treibenden Kräfte hinter dem MaSo-Team: Der Teppichfabrikant Bholanath Baranwal und der Künstler Tim Otto Roth.
-
Das MaSo-Team im März 2019 im Weberdorf nahe von Varanasi.
-
Siyaram Kuwar Bind ist von Anfang an als Knüfper Teil des MaSo-Carpet-Teams.
-
DIe treibenden Kräfte hinter dem MaSo Projekt: Bholanath Baranwal und der Künstler Tim Otto Roth.
-
Yaduvansh Yadav steht den Knüpfern in Baranwals Firma vor.
-
Siyaram Kuwar Bind ist von Beginn an als Knüpfer im Team.
-
Manraj Yadav - hier mit seiner Tochter, knüpft seit dem Frühjahr 2019 im MaSo Team.
-
Siyaram Gulab Bind ist Knüpfer im MaSo team.
-
In Suresh Kumar Bind's gehört die Werkstatt, in der der erste MaSo carpet entstand.
-
Subhash Jaiswal hat den Raum für den Workshop bereitgestellt und die Weber bei der Arbeit beraten.
-
Virendra Mishra leitet die Produktion von Organic Weave.
-
Shivlal Pal arbeitete als Knüpfer an der ersten Generation der MaSo Knüpfwerke mit.
-
Kickoff Treffen im September 2018 in pfälzischen Hatzenbühl mit dem Teppich Händler Peter Scherer (rechts),
der den Kontakt herstellte.
Der Künstler: Tim Otto Roth
Dass der aus dem beschaulichen Schwarzwaldort Oppenau stammende Konzeptkünstler und Komponist
einmal im indischen Varanasi eine neue Philosophie des Teppichknüpfens entwickeln würde, war ihm
nicht in die Wiege gelegt. Nach dem Abitur studierte er Mitte der 1990er Jahre Politik und
Philosophie. Der Schwerpunkt Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik machte ihn
mit dem Paradigmenwechsel vertraut, der sich verstärkt von entwicklungspolitischen
Großprojekten ab- und partizipativen Mikroprojekten zuwandte. Nach dem Grundstudium
brachte ihn sein Interesse an technischen Bildern wie der Photographie an die Akademie.
Das Kunststudium an der Kunsthochschule Kassel zeigte schnell, dass nicht alle Ideen mit
der gleichen künstlerischen Ausdrucksform umzusetzen waren. So entwickelte sich Roth zum
Konzeptkünstler, der immer häufiger die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern suchte, um für
seine Arbeit Antworten nach einem zeitgenössischen Umgang mit traditionellen künstlerischen
Fragestellungen, wie z.B. denen nach der Wahrnehmung von Raum oder der Bedeutung von Farbe,
zu geben. Ein Modell, das Roth seit nunmehr 15 Jahren umtreibt, ist das der sogenannten
zellulären Automaten. Dieser einfache Modellorganismus wird in den Wissenschaften genutzt,
um komplexe, sich selbstorganisierende Systeme zu beschreiben. Die einfachen
Handlungsanweisungen nutzt Tim Otto Roth unter anderem zur Arbeit mit einem Projektchor,
für die Wasserorgel 'aura calculata' und als Kompositionsprinzip für die MaSo-Carpets.
Der Teppichfabrikant: Bholanath Baranwal
Von seinem Vater, der 1947 im indischen Varanasi seine Teppichfabrik eröffnete, erlernte Bholanath Baranwal das Handwerk und den Vertrieb von handgeknüpften Teppichen. Im Familienbetrieb erarbeitete er sich alle Kenntnisse, um in seiner Heimat, die Teppichindustrie zu modernisieren. Der heute weltweit verwandte Koffer mit Farbmustern und das ihm zugrundeliegende Farbsystem wurde von Baranwal ebenso entwickelt wie das für Indiens Teppichindustrie erstmalig konsequent umgesetzte Modell der organischen Teppichherstellung. Gemeinsam mit der Kanadischen Teppichmanufaktur Alexanian gründete er die Firma Organic Weave, deren handgeknüpften Produkte sich durch große Sorgfalt in allen Phasen des Herstellungsprozesses und der organischen Produktion vom Ausgangsmaterial über die Bearbeitung bis hin zur Endfertigung der Teppiche auszeichnet.
Die Knüpfer
Für das MaSo-Carpet-Projekt arbeitet Tim Otto Roth mit einem Team erfahrener Knüpfer zusammen: [Namen]. Ihre Arbeitsstädte befindet sich in einer ländlichen Umgebung. Verschiedene kleine, als Familienbetriebe geführte Manufakturen beschäftigen hier die Knüpfer je nach Auftragslage. Die Weberei, in der die Teppiche in Handarbeit hergestellt werden, ist recht einfach und funktional gehalten. Vor der Türe sind Kühe angebunden, die Frauen holen Wasser am Brunnen. Die Männer, die hinter den Kettfäden auf einer Bank sitzen und sich synchron Zeile um Zeile vorarbeiten, sind Teamplayer. Für einen zwei Meter breiten Teppich arbeiten in der Regel drei Knüpfer zusammen. Erst wenn jeder mit seinem Bereich der neuen Zeile fertig ist, wird der Schlussfaden eingezogen, mit dem die Knoten fixiert werden. Das Anschlagen mit dem Kammhammer gibt der Struktur die nötige Spannung. Die MaSo-Carpet-Knüpfer verfügen alle über eine reiche Berufserfahrung. Sie knüpfen bereits seit Jahrzehnten in unterschiedlichsten Projekten und bezeichnen es selbst als große Herausforderung, einmal selbst an der Generierung des Musters beteiligt zu sein.
Premiere Im Rahmen der Ausstellung Logische Phantasien wird das MaSo-Knüpfwerk #1 in der Kunsthalle Jesuitenkirche in Aschaffenburg präsentiert.
Eröffnung der Ausstellung ist am 6. März um 18 Uhr. Zu sehen ist die Ausstellung vom 7. März bis 14. Juni 2020.
Laal - Saphed Impressionen von Tim Otto Roths erstem Aufenthalt in Varanasi im Dezember 2018.
Das dreiminütige Video können Sie auch auf Vimeo sehen.
NEWS
October 2022 In Search of Textile Roots of Computing: The Genesis of the First MaSo Carpet in India, von Tim Otto Roth, Buchkapitel in: A. Adamatzky (Hrsg).: Unconventional Computing, Arts, Philosophy, pp. 271-279 (2022)
December 2021, The Charme of the Discrete Error – When Mathematical Socialism Becomes Art, von Tim Otto Roth, Journal of Cellular Automata16.1-2, p. 153-171
12. November 2020, 16 Uhr
Vortrag Der Charme des diskreten Fehlers – wenn der mathematische Sozialismus zur Kunst wird
im Rahmen des 6. BMG-Tags der Berliner Mathematischen Gesellschaft.
Coronabedingt findet die Veranstaltung online statt. Anmeldung unter anmeldung[a]math.berlin. WebEx-Zugangsdaten werden am Vortragstag zwei Stunden vor Beginn an registrierte Teilnehmer*innen verschickt.
5. Mai 2020, Eine weitere Präsentation zweier Knüpfwerke findet im Rahmen der Ausstellung das erste mal ZUM ZWEITEN MAL. 20 Jahre Ausstellungshalle
im Kunstverein Marburg statt.
Diese Ausstellung ist coronabedingt vom 5.5. bis 25.6.2020 zu erleben.
7. März 2020, Maso Knüpfwerk #1 wird im Rahmen der Ausstellung Logische Phantasien in der
Kunsthalle Jesuitenkirche erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Mit einer coronabedingten Unterbrechung ist die Ausstellung vom 7. März bis 16. August 2020 zu erleben.
Zur Ausstellung ist ein Katalog im Kehrer Verlag erschienen.
24. April 2019, Der Oppenauer Tim Otto Roth in Indien,
Offenburger Tageblatt
16. April 2019, Ein Bericht von Sandipan Talukdar im indischen Online-Journal Newsklick:
Weaving Mathematical Principles Into Indian Carpets
,
NewsClick India
Folgen Sie uns auf Instagram, Twitter oder Facebook, um Informationen über die Präsentation der MaSo-Carpets zu erhalten. Nach Voranmeldung können Sie uns auch gerne im Atelier im Schwarzwaldstädtchen Oppenau besuchen, um die Exemplare der ersten Generation zu bewundern.
Möchten Sie das MaSo-Team kontaktieren? Senden Sie eine Email an
info (a) imachiation.net:
Impressum
editorial assistance:
Miriam Seidler/ Cologne
Haftungsausschluss:
Haftung für Inhalte
Die Inhalte unserer Seiten wurden mit größter Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte können wir jedoch keine Gewähr übernehmen. Bei Bekanntwerden von entsprechenden Rechtsverletzungen werden wir diese Inhalte umgehend entfernen.
Haftung für Links
Unser Angebot enthält Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Die verlinkten Seiten wurden zum Zeitpunkt der Verlinkung auf mögliche Rechtsverstöße überprüft. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten ist jedoch ohne konkrete Anhaltspunkte einer Rechtsverletzung nicht zumutbar. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden wir derartige Links umgehend entfernen.
Urheberrecht
Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung des jeweiligen Autors bzw. Erstellers. Downloads und Kopien dieser Seite sind nur für den privaten, nicht kommerziellen Gebrauch gestattet. Soweit die Inhalte auf dieser Seite nicht vom Betreiber erstellt wurden, werden die Urheberrechte Dritter beachtet. Insbesondere werden Inhalte Dritter als solche gekennzeichnet. Sollten Sie trotzdem auf eine Urheberrechtsverletzung aufmerksam werden, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden wir derartige Inhalte umgehend entfernen.
Datenschutz
Die Nutzung unserer Webseite ist in der Regel ohne Angabe personenbezogener Daten möglich. Soweit auf unseren Seiten personenbezogene Daten (beispielsweise Name, Anschrift oder eMail-Adressen) erhoben werden, erfolgt dies, soweit möglich, stets auf freiwilliger Basis. Diese Daten werden ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung nicht an Dritte weitergegeben.
Wir weisen darauf hin, dass die Datenübertragung im Internet (z.B. bei der Kommunikation per E-Mail) Sicherheitslücken aufweisen kann. Ein lückenloser Schutz der Daten vor dem Zugriff durch Dritte ist nicht möglich.
Der Nutzung von im Rahmen der Impressumspflicht veröffentlichten Kontaktdaten durch Dritte zur Übersendung von nicht ausdrücklich angeforderter Werbung und Informationsmaterialien wird hiermit ausdrücklich widersprochen. Die Betreiber der Seiten behalten sich ausdrücklich rechtliche Schritte im Falle der unverlangten Zusendung von Werbeinformationen, etwa durch Spam-Mails, vor.